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Mitten auf dem Potsdamer Platz in Berlin, Germany, steht seit 1997 eine Skulptur von Jeff Koons. Balloon Flower ist eine großformatige runde Arbeit aus feinem, rostfreiem Edelstahl, sein Blau ist fast magisch, selbst der Stab in der Mitte stört nicht. Von edv

Als das Objekt in Berlin dem öffentlichen Raum zur Verfügung gestellt wurde, schwellte die sonst eher biedere Brust der 3,5 Millionen Stadt, jeder der die Skulptur sah, hatte das Gefühl in einer Weltmetropole zu stehen. Der Clou, dass unglaublich Großzügige, das Einzigartige was Berlin zum wiederholten Male ins Rampenlicht katapultierte war, dass sich Bolloon Flower „wirklich“ im öffentlichen Raum befand: Die Skulptur stand ohne Sockel einfach mitten auf dem Weg. Jeder konnte ran, jeder konnte sie mit der Nasenspitze berühren, jeder mit seinen Fingern betatschen, begrapschen, mit den Fingernägeln drauf rumkratzen.

Und so sah sie nach einer Weile auch aus. Jeder japanische Tourist ging hin und ließ sich davor fotografieren, jeder Erstsemestler pilgerte los und erzählte danach beim Milchkaffe, dass er die blauen Luftballons von Jeff Koons auch gesehen hatte. Toll.

Die Skulpur bekam das Äußere einer Hure, sie verlebte schneller als gedacht, sah räudig aus, benutzt, fast häßlich. Sie war schön. Wunderschön irritierend. Denn das Blau, diese fast magische Farbe bekam etwas majestätisches: Sie kämpfte gegen die Vergangenheit, so aussichtslos wie der Mensch gegen die Zeit, und gegen das ständige benutzt werden und doch konnte ihr niemand die Aura nehmen und auch nicht die perfekte Schönheit vergangener Tage. Das machte die Skulptur so einzigartig, das machte Jeff Koons zu einem guten Künstler.

Jetzt haben die Besitzer von Balloon Flower, die Sammlung Daimler Chrysler, ihr Eigentum vor der Aufdringlichkeit tausender geschützt. Einen Schützengraben haben sie gezogen, mit Wasser aufgefüllt, Krokodile eingelassen, einen Wildbach inszeniert und, um sich als Kunstbanausen zu outen, das Objekt auf einen Sockel gestellt.

Die Öffentlichkeit ist für Jeff Koons als Medium der wichtigste Teil dieser Arbeit, er zeigt dabei jedoch keine Konsequenz. Denn spielt die Masse endlich einmal ihre tatsächliche Rolle, ziehen die Verantwortlichen ihr Angebot zurück und schützen nicht unbedingt den Wert der Kunst, sondern zeigen im besten Fall nur ihren tief verwurzelten schlechten Geschmack.

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