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Rund 400 Demokraten demonstrierten gegen Nazis in Brandenburg an der Havel. Symbolisch reinigten sie anschließend die heimischen Straßen von den braunen Parolen der Gegendemonstration. Von Ilia Castellanos und Matthias Gottwald

„Jeder Mensch aus jedem Land ist in unserer Stadt herzlich willkommen“, sagte Oberbürgermeisterin Dietlind Tiemann (CDU) auf der Kundgebung für Demokratie und Toleranz, die unter dem Motto stand: „Unsere Stadt – Kein Platz für Nazis“. Initiiert wurde die Demo von der Stadtverordneten Anett Schulze und von Michael Raith, beide Mitglieder des SPD-Nachwuchses, der Jusos. Auf den Zug waren alle demokratischen Parteien und die Stadtverwaltung aufgesprungen. Denn erst vor zwei Wochen zog, wie berichtet, eine Truppe von Rechtsextremisten durch die Stadt. Dann versammelten sich vor einer Woche rund 800 Neonazis zu einem einschlägigen Konzert auf dem Flugplatzgelände Briest.

Hans Georg Helmstädter, Präsident der Fachhochschule Brandenburg (FHB), zeigte „Null Toleranz“ gegen Nazis in der Stadt. Von den 2500 FHB-Studenten kämen „243 aus 40 Ländern“. Er sprach von einer weltoffenen Stadt Brandenburg, die unter anderem ein interkulturelles Zentrum beherberge und in der in modernen Unternehmen internationale Belegschaften arbeiteten. Deswegen dürfe menschenfeindliches Gedankengut in Brandenburg keine Chance haben. Helmstädter ist Vorsitzender der Projektgruppe, die sich im Präventionsrat der Stadt mit der Umsetzung des Aktionsplans der Stadtverordnetenversammlung (SVV) für mehr Demokratie und Toleranz befasst.

Gegen Mittag ging es los. Vertreter der demokratischen Parteien standen mit ihrem Spruchband dicht an dicht an vorderster Front. Vom Nicolaiplatz zogen sie zur Ritterstraße und bis zur Jahrtausendbrücke. Dort war auf Anordnung der Polizei Schluss für die Gegendemonstration von etwa 65 Neonazis, die zeitgleich am Hauptbahnhof begann und deren Zug sich durch die Innenstadt bis zur Jahrtausendbrücke und zurück bewegte. Schutzbereichsleiter Sven Bogacz, der persönlich den Polizeieinsatz leitete, wollte ein Zusammentreffen beider Lager – streng abgeschirmt – erst am Hauptbahnhof zulassen. Bis zum Bahnhof folgte der große Pulk der Bürgerschaft also in gebührendem Abstand der kleinen Gruppe von Extremisten. Doch bevor die Demokraten dort eintrafen, waren die Neonazis bereits verschwunden.

SVV-Vorsitzender Hans-Peter Jung (SPD-Fraktion, parteilos) fühlt sich von den Auftritten der Rechtsextremisten an die Vergangenheit erinnert. „Die Gewaltherrschaft der Nationalsozialisten habe ich noch deutlich vor Augen. Ein solches Morden und Unrechtssystem darf es nie wieder geben“. Der jetzt einsetzenden schleichenden Dauerwerbung der Rechtsextremen müsse die Politik etwas entgegensetzen. „Wir müssen mehr in Familie und Bildung investieren.“

„Die Zusammenarbeit unter allen Parteien hat sehr gut funktioniert“, sagt Initiatorin Anett Schulze und möchte diese Kooperation am Leben erhalten, auch um immer wieder „eine Weltoffenheit der Stadt zu visualisieren“.

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